Autounfall mit Mietwagen in England kann existenzbedrohend sein
Ungeübtes Fahren im Linksverkehr führt überdurchschnittlich oft zu Fahrfehlern. Bei Fahren auf der falschen Spur zahlt Vollkasko wegen grober Fahrlässigkeit oft nicht
Wer sich in einem Land mit Linksverkehr, etwa UK (also England & Wales, Schottland, Nordirland), der Republik Irland, Australien, Südafrika u.v.a., einen Mietwagen nimmt, sollte sich darüber bewusst sein, dass er damit ein großes Haftungsrisiko eingeht. Statistisch unterlaufen Autofahrern, die Linksverkehr nicht gewohnt sind, überdurchschnittlich viele Fahrfehler. Gerade geübten und erfahrenen Fahrzeuglenkern, die schon seit Jahrzehnten unfallfrei in Deutschland gefahren sind, haben sich Gewohnheiten und Reflexe antrainiert, die in Stresssituationen im britischen Linksverkehr exakt die falsche Reaktion bewirken.
Ein klassischer Fahrfehler ist zum Beispiel, auf verkehrsarmen Landstraßen, auf denen einem seit langem kein anderes Kfz begegnet ist, etwa nach einer Pause auf dem Rastplatz, aus Gewohnheit auf der falschen, also rechten, Spur weiter zu fahren. Zum anderen unterlaufen viele Fehler beim Abbiegen, im Kreisverkehr oder bei Überholmanövern. In unerwarteten Situationen, etwa wenn der Vorderwagen scharf bremst, weicht man dann als Fahrer, der auf den Rechtsverkehr trainierte ist, automatisch auf die falsche Seite aus, zieht also nach rechts, wo in England eben gerade nicht der Grün- oder Pannenstreifen auf einen wartet, sondern der Gegenverkehr.
Trügerische Sicherheit "Vollkasko ohne Selbstbehalt" mit Autovermietung
Wer nun denkt, dafür habe ich ja gerade die Vollkaskoversicherung mit dem Autoverleiher abgeschlossen, mir kann also finanziell nichts passieren, wiegt sich in falscher Sicherheit. Das ist nämlich oft ein Trugschluss. Ein Unfall mit Mietwagen in einem Land mit Linksverkehr kann - trotz maximalem Versicherungspaket - trotzdem existenzbedrohende finanzielle Folgen haben, weil die Kfz-Vollkasko-Versicherung oft die Zahlung verweigert mit dem Argument, der Fahrer habe sich grob fahrlässig verhalten, also einen besonders schlimmen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht begangen. Typische Beispiele für grobe Fahrlässigkeit sind: alkoholisiert oder bekifft fahren, Textmessages am Handy schreiben, sich wegen eines herunter gefallenen Gegenstands in den Fußraum bücken, nebenher ein Video auf dem Handy ansehen oder die nächste Podcastfolge suchen usw.
Was hat das mit dem Linksverkehr zu tun? Nun, Teil- und Vollkaskoversicherungsgesellschaften vertreten bei einem Unfall stets der Meinung:
Allein der Umstand, dass der Fahrer auf die falsche Fahrbahn kommt, ist aus Sicht der Versicherung automatisch IMMER grobe Fahrlässigkeit und berechtigt die Kasko-Versicherung zur Leistungsverweigerung bzw. zum Regress.
In der Praxis heißt das erstens, dass die Vollkasko sich weigert, den Schaden am eigenen Wagen zu zahlen und zweitens, für die Regulierung des Schadens am anderen Unfallbeteiligten Regress beim Unfallverursacher zu nehmen.
Hat man sich einen teuren Oberklassemietwagen genommen, kann der Schaden am eigenen Mietwagen einen hohen fünfstelligen Betrag ausmachen. Aber selbst bei kleinen Mietwagen sind Forderungen des Kfz-Vermieters von 10.000 bis 20.000 Euro nicht selten.
Ein Beispiel aus unserer Anwaltspraxis
Eine typische Anfrage, die wir als Kanzlei für deutsch-englisches Recht häufig erhalten, haben wir in diesem Beitrag hier beschrieben: www.cross-channel-lawyers.de/europcar-mietwagen-in-england-kostet-mandant-15-000-euro/
Frühzeitig einen Anwalt für Versicherungsrecht (ggf. in UK) einschalten
Wer selbst mit dem Versicherer korrespondiert, geht das weitere Risiko ein, ungünstig zu argumentieren oder - umgekehrt - bestimmte günstige Aspekte nicht vorzubringen, etwa das Argument Augenblicksversagen. Allerdings ist bereits die Frage des anzuwendenden Rechts und des Gerichtsstands nicht ganz banal, wenn man den Mietwagen in Deutschland gebucht hat, der Unfall aber - wie in diesen Fällen meist - im Ausland mit Common Law Rechtsordnung stattfindet.