Was bedeuten DOMICILE STATUS, NON-DOM, RES-NON-DOM in Großbritannien?
Im Vereinigten Königreich sowie generell in Common Law Rechtsordnungen ist der Rechtsbegriff des „domicile“ von großer Bedeutung. Der „domicile status“ ist Anknüpfungspunkt für Rechtsfolgen in vielen Bereichen, zum Beispiel im Erbrecht, vor allem aber im Steuerrecht.
Wenn Sie in Deutschland steuerpflichtig sind, dann wundern Sie sich wahrscheinlich, was dieser Begriff bedeuten soll, denn er hat in Deutschland keine Entsprechung. Domicile ist mehr als Wohnsitz (simple residence), auch mehr als Hauptwohnsitz (main residence) oder gewöhnlicher Aufenthalt (gewöhnlicher Aufenthalt) im Sinne von tatsächlicher Lebensmittelpunkt.
Man kann also keinen Begriff aus dem deutschen Recht übertragen, sondern muss „domicile“ allein aus dem jeweiligen Common Law Land heraus definieren und erklären. Was es noch komplizierter macht: Der Begriff „domicile“ kann in verschiedenen Rechtsgebieten etwas unterschiedliche Bedeutungen haben. So wird Domicile im englischen Erbrecht etwas anders definiert als im englischen Steuerrecht.
Domicile im UK-Steuerrecht
Im britischen Steuerrecht - wie auch in viele anderen Common Law Staaten (z.B. Kanada, Australien, Neuseeland) - resultiert eine Steuerpflicht meist aus einem von zwei Prinzipien:
- dem Residence status (kurz Res); und
- dem Domicile status (kurz Dom).
Für unterschiedliche Steuerarten sind unterschiedliche Anknüpfungspunkte relevant. Zum Beispiel ist der Domicile status ausschlaggebend für die Erbschaftsteuer. Konkret: Hatte der Erblasser zur Zeit des Todes (bei Briten zudem während der letzten drei Jahre vor dem Tod) sein Domicile in UK, dann besteuert das UK-Finanzamt dessen Weltvermögen. Hatte der Verstorbene im relevanten Zeitraum kein UK Domicile, dann besteuert es nur die UK Assets.
Der Residence status wird in England bestimmt durch den sogenannten Statutory Residence Test. Bei diesem Test wird geprüft wieviel Anbindung man an das Land hat – sprich wohnt und arbeitet man in den UK, lebt die Familie dort, gehen die Kinder dort zur Schule etc.
Beim Domicile status geht es dagegen mehr um die allgemeine, auch emotionale Beziehung (connection) zu dem Land. Nationalität, Wohnsitz oder dauerhafter Aufenthalt (allein) sind nicht maßgebend für den domicile status. Manchmal wird Domicile auch erklärt mit „domicile is where the heart is“, zu welchem Land man also die engste Bindung hat, auch wenn man objektiv dort nicht die meiste Zeit wohnt. So kann ein Brite 20 Jahre für seinen Arbeitgeber als Expat in Singapur leben. Wenn für ihn klar ist, dass er irgendwann nach England zurückkehrt, dann bleibt er aus UK Sicht die ganze Zeit über Domiciled in England & Wales.
Was sind die praktischen Prüfkriterien für Domicile Status?
Man unterscheidet zwischen:
- Domicile of Origin (Wo ist der Vater oder in Ausnahmefällen die Mutter geboren?);
- Domicile of Dependency (unter 16 Jahren übernimmt man den Status des Vaters oder ggfls. der Mutter); und
- Domicile of Choice (Domicile of Origin kann durch den Domcile of Choice ersetzt werden. Ausschlaggebend ist dann, wo man überwiegend tatsächlich physisch präsent ist und - wichtig! - ob man die Absicht hat, dauerhaft und endgültig dort zu bleiben).
Eine natürliche Person kann somit gleichzeitig mehrere Wohnsitze haben, aber immer nur ein Domizil.
Was ist ein Non-Dom und Res-Non-Dom?
Als sogenannte non-doms bezeichnet man Personen deren domicile status außerhalb UK liegt. Der non-dom status war bisher extrem attraktiv für Personen, die in Großbritannien tax resident sind (sogenannte Res-Non-Doms), da dieser Status viele Steuererleichterungen mit sich bringt.
Ein Res-Non-Dom muss z.B. nur sein britisches Einkommen versteuern. Auf Einkommen, das er außerhalb UK erwirbt, muss er grundsätzlich keine UK-Steuern. Darüber hinaus konnten non-doms bisher steuervorteilhafte Trusts in Offshore Jurisdiktionen wie Jersey erstellen. Für Vielverdiener also ein attraktives und bislang völlig legales Steuersparmodell.
Der Vollständigkeit halber sei das deemed-domcile Prinzip erwähnt. In bestimmten Fallkonstellationen behandelt das Finanzamt jemanden also so, als hätte jemand noch domicile Status, obwohl dies objektiv nicht (mehr) der Fall ist. Hiermit will das Finanzamt Umgehungstatbestände verhindern. Details zum deemed domcile Status im UK Erbschaftssteuerrecht: www.gov.uk/hmrc-internal-manuals/residence-domicile-and-remittance-basis/rdrm20040
Zukunft des Domicile status im Vereinigten Königreich
In den letzten Jahren gelten in UK die Res-Non-Doms allerdings immer mehr als verpönt, da viele „normale“ Steuerzahler der Meinung sind, Vermögende sollten nicht mehr Vorteile haben als jeder normale Brite. Große Empörung löste etwa die Bekanntmachung in den britischen Medien aus, dass die Ehefrau des Premierministers Rishi Sunak auch Res-Non-Dom hatte und Steuererleichterungen nutzte. Details dazu hier www.leading.uk.com/rishi-sunaks-wifes-tax-controversy-all-you-need-to-know/ und hier www.bbc.com/news/uk-politics-61017993
Die neue Labour Regierung hat daher angekündigt, den Non-Dom status abzuschaffen. Allerdings gibt es ganz aktuell bereits Anzeichen, dass die Änderungen doch nicht so gravierend ausfallen werden: www.bbc.com/news/articles/c04pe3653k7o und www.telegraph.co.uk/politics/2024/09/26/labour-chancellor-budget-tax-non-doms/ Einzelheiten der neue Gesetzgebung und der Regelungen bezüglich der (teilweisen) Abschaffung des Non-Dom Status stehen somit noch nicht fest.
Wie ist das in Deutschland?
In Deutschland existiert – wie oben erwähnt – keine Entsprechung für den domicile status. Hierzulande knüpft die Steuerpflicht an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt an.
Mehr Informationen rund um den britischen domicile status finden Sie unter:
- www.gov.uk/hmrc-internal-manuals/residence-domicile-and-remittance-basis/rdrm20030
- www.gov.uk/hmrc-internal-manuals/residence-domicile-and-remittance-basis/rdrm20050
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