26.02.2025 |

Immobilie ist nicht im englischen Grundbuch eingetragen. Was nun?

Grundstück (property) noch nicht im englischen Grundbuch (land registry) eingetragen

Weiße Flecken im UK Grundbuch: Der Eigentumsnachweis bei nicht registrierten Grundstücken ("unregistered property") in England und Wales

Die Pflicht zur Registrierung von Grundstücken und Immobilien (land and property) im zentralen Grundbuch von England und Wales (HM Land Registry) besteht erst seit 1990. Schottland hat sein eigenes Grundbuch (Land Register of Scotland).

Diese Verpflichtung, sein Grundstück im englischen Grundbuch registrieren zu lassen, besteht konkret aber nur dann, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt (Trigger-Event), insbesondere wenn - vereinfacht gesagt - das Grundstück übertragen oder belastet wird, wenn man die Immobilie in England also verkauft oder eine Grundschuld bzw. Hypothek aufnimmt. Wer ganz genau wissen will, welche Fallkonstellationen die konkrete Pflicht zur Grundbucheintragung auslösen, findet die Details in Section 4 Land Registration Act 2002.

Auch ohne ein solches Trigger-Event kann ein Grundstückseigentümer sein Land natürlich jederzeit freiwillig registrieren und sollte das auch tun. In der Praxis machen das zwar viele, aber längst nicht alle Immobilienbesitzer in England und Wales.

Stand heute (2025) sind immer noch etwa 15 Prozent aller Grundstücke (plots of land) nicht im Land Registry seiner Majestät eingetragen. Das betrifft keineswegs nur abgelegene Gegenden, sondern auch Grundstücksparzellen in städtschen Gebieten. In der Land Registry map search erscheinen solche "unregistered properties" als weiße Parzellen, die registrierten Grundstücke sind rosa gefärbt. Hier ein Beispiel:

Suche im englischen Grundbuch Karte

In diesem Beispiel eines HM Land Registry Kartenauszugs der ostenglischen Stadt Chelmsford sind also die Hausnummern 13, 25 und 29 in der Straße "Ashley Green" bis heute unregistriert. Das im Hintergrund durchschimmernde gelb-grün-graue Muster ist übrigens das Logo von HM Land Registry.

Es kommt in unserer anwaltlichen Praxis gar nicht so selten vor, dass sich unregistrierte Immobilien in einem englischen Nachlass befinden. In solchen Fällen muss man zunächst den Verstorbenen als (bisherigen) Grundstückseigner eintragen lassen. Wie weist man in einem solchen Fall das Immobilieneigentum in UK England nach?

Grundstückseigentum weist man in England traditionell durch die "title deed" nach

Trotz der Einführung eines zentralen Registers in England und Wales hat das dortige land register nicht die enorm hohe rechtliche Bedeutung des deutschen Grundbuchs. Nach deutschem Recht erwirbt der Käufer eines Grundstücks nach § 873 Abs. 1 BGB nur und erst das Eigentum an diesem Grundstück, wenn er als (neuer) Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Hier der Wortlaut des Gesetzes:

§ 873 BGB Erwerb durch Einigung und Eintragung: (1) Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, zur Belastung eines Grundstücks mit einem Recht sowie zur Übertragung oder Belastung eines solchen Rechts ist die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich, ...

In England und Wales dagegen wird das Eigentumsrecht in der Eigentumsurkunde ("title deed") verbrieft. Traditionell ein unhandliches Dokument in seltsam gefaltetem A3-Format, ggf. mit vielen beigehefteten Anlagen und Plänen, also oft schwer zu kopieren oder zu scannen. Das Eigentum wurde traditionell durch Übergabe der title deed übertragen. Wie der Kauf bzw. Verkauf einer Immobilie und die Eigentümsübertragung (genannt: conveyancing) nach englischem Recht im Detail abläuft, erkläre ich in diesem Beitrag: Immobilienkauf in England: Grafische Übersicht und Checkliste

Die Eintragung des Erwerbers im Grundbuch ist nach englischem Recht keine Voraussetzung für die Übertragung der Immobilie. Zunächst jedenfalls. Allerdings besteht heute - wie ausgeführt - die Pflicht, den Eigentümerwechsel beim englischen Land Registry innerhalb von zwei Monaten anzumelden (Section 6 Land Registration Act 2002). Um dieser Pflicht Nachdruck zu verleihen, ordnet Section 7 LRA 2002 an, dass die (zunächst wirksam erfolge) Eigentumsübertragung nachträglich wieder unwirksam wird (transfer becomes void), wenn man den Grundstücks-Transfer nicht meldet. Das Ergebnis ist also dann doch ähnlich wie in Deutschland, nämlich dass der Erwerber nur dann neuer Eigentümer bleibt, wenn er oder sie eingetragen wird. Somit kann man sich bei registrierten Grundstücken in England doch "einigermaßen" auf die Richtigkeit des Inhalts des Landregisters verlassen.

Außer eben bei Erbfällen, denn der Tod des Grundstückseigentümers ist keines der im Gesetz gelisteten Trigger-Events. Es wird natürlich empfohlen, dass man in einem Erbfall den oder die neuen Eigentümer so bald wie möglich registrieren lässt (Details siehe hier), aber erstens kann eine Nachlassabwicklung in England mehrere Jahre dauern und zweitens sehen die Erben hierfür oft keine dringende Notwendigkeit ("Kann man ja immer noch machen, wenn wir es später irgendwann verkaufen").

Auch bei nicht registrierten Grundstücken löst der Tod des Eigentümers allein noch keine Eintragungspflicht aus. Insofern kann ein englisches Grundbuch also - trotz des Gesetzes - für viele weitere Jahrzehnte "unregistered" bleiben, einer "weißer Fleck" im englischen Land Register.

Unregistriertes Grundstück und fehlende "title deed"

Die unerfreulichste Konstellation in einem englischen Erbfall ist, wenn die Immobilie des Verstorbenen noch nicht im Land Registry eingetragen war und zudem auch die "title deed" nirgendwo zu finden ist. Solche Fälle gibt es tatsächlich. Wenn der Verstorbene über viele Jahrzente Grundstückseigentümer war (und während dieser Zeit nie eine neue Hypothek brauchte), dann im hohen Alter ggf. dement wurde und/oder in ein Pflegeheim musste, dann ist die Original-Eigentumsurkunde oft unauffindbar. Nicht selten werden solche Deeds bei der Wohnungsräumung versehentlich mit "entsorgt".

In solchen Fällen, muss man das Immobilieneigentum mühsam durch Indizien nachweisen, also etwa dadurch, dass man es seit Jahren oder Jahrzehnten selbst bewohnt, ohne dass jemand Miete verlangt. Oder, umgekehrt, dass man seit Jahren Miete von einem Tenant erhält. Natürlich alles nicht ideal. Bestreitet jemand sogar das Eigentum, kann es teuer und langwierig werden.

Die Empfehlung ist daher, jede "unregistered property" möglichst schnell eintragen zu lassen, um die Gefahr des Verlustes der title deed zu beseitigen. Was man genau machen muss, um ein bislang noch nicht im englischen Grundbuch erfasstes Stück Land eintragen zu lassen, wird im Detail im "HM Land Registry Practice Guide 1: First registrations" erklärt. Wie man die Erben eines verstorbenen Immobilieneigentümers in England ins Grundbuch eintragen lässt, wird hier im detail erläutert: HM Land Registry Practice Guide 6: devolution on the death of a registered proprietor

Mehr zu Immobilienrecht und Grundbuch in England, zu Verkauf und Übertragung von Grundstücken und Wohnungen hier:

Der Autor ist seit gut 25 Jahren Experte für deutsch-englisches Recht mit Schwerpunkten internationale Erbschaftsfälle, Nachlassabwicklung und Nachlassplanung, Immobilienrecht sowie grenzüberschreitende Prozessführung.

Kategorie: ErbrechtFamilienrechtImmobilienrechtNachlassplanungFamily OfficeMietrecht

Autor
Bernhard Schmeilzl

Bernhard Schmeilzl

Rechtsanwalt & Master of Laws

+49 (0) 941 463 7070 schmeilzl@grafpartner.com

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