
Wer ein Haus oder Apartment in London kauft, sollte auch die englische Erbschaftsteuer und Capital Gains Tax im Blick haben. Ein paar simple Rechenbeispiele
Haus oder Wohnung in England kaufen - gutes Investment oder Steuerfalle?
Als Experte für englisches Recht mit Schwerpunkt Erbrecht und Nachlassplanung stelle ich regelmäßig fest, dass viele deutsche Familien mit Immobilienvermögen in Großbritannien nicht wissen, dass bei der Übertragung der englischen Immobilie auf die nächste Generation massive Steuern in UK anfallen können. Und zwar unabhängig von etwaigen deutschen Erbschafts- oder Schenkungsteuern, die zusätzlich anfallen können. In manchen Konstellationen addieren sich Steuern in UK und Deutschland sogar, entstehen also kumulativ.
Man sollte also beim Erwerb von Immobilienvermögen in England auch bereits im Blick haben, wie man dieses Vermögen später an die nächste Generation übertragen kann, ohne ein steuerliches Desaster auszulösen, das eine etwaige Wertsteigerung des Hauses oder Apartments in London wieder komplett auffrisst (oder noch schlimmer sogar die Sustanz angreift).
In diesem Beitrag geht es speziell um die später (ggf. erst nach Jahrzehnten) entstehenden Kosten, die viele deutsche Immobilieninvestoren nicht auf der Kalkulation haben. Zu den Kosten bei Erwerb der Immobilie sowie für laufende Unterhaltung siehe hier: www.cross-channel-lawyers.de/immobilienkauf-in-england-tips-fur-die-praxis/
Sehen wir uns nun aber einmal - stark vereinfacht - die steuerlichen Folgen in UK an, wenn man eine englische Immobilie an seine Kinder vererbt oder zu Lebzeiten verschenkt.
Weg 1: Vererbung von britischen Immobilien an die Kinder
Das britische Finanzamt erhebt immer Erbschaftsteuern auf Vermögen, das sich im Vereinigten Königreich befindet, egal ob Erblasser und/oder Empfänger einen Wohnsitz oder Domicile in UK haben oder nicht. Die pure Existenz von Assets in England löst beim Tod des Eigentümers UK Erbschaftsteuer (Inheritance Tax) aus. Das englische Erbschaftsteuerrecht gewährt einen einmaligen Freibetrag von (derzeit) 325.000 Pfund. Einmalig heißt, nicht pro Empfänger, sondern auf die gesamte Erbmasse insgesamt (the estate) gesehen. Besteuert wird also technisch betrachtet nicht der Empfänger (Erbe, vermächtnisnehmer), sondern der Nachlass selbst. Der Erbschaftsteuersatz in UK ist (derzeit) 40 Prozent, auch wenn Kinder oder Enkelkinder erben. Anders als in Deutschland gelten also keine unterschiedlichen Steuersätze je nachdem, wie nah der Erbe mit dem Erblasser verwandt ist. Für alle gelten pauschal die 40 Prozent Inheritance Tax. Ausnahmen: Ehegatten und Charities (in UK!) sowie - unter bestimmten Voraussetzungen - Betriebsvermögen.
Variante a: Alleineigentum eines Elternteils
Gehört also eine Wohnungin London, die 800.000 Pfund wert ist, einem Elternteil allein und vererbt dieser die Wohnung an sein Kind (oder mehrere Kinder, das macht in UK ja wie soeben erklärt steuerlich keinen Unterschied), dann sind 325.000 Pfund steuerfrei, auf die verbleibenden 475.000 Pfund fallen 40 Prozent UK IHT an, also satte 190.000 Pfund.
Variante b: Englische Immobilie gehört beiden Elternteilen
Da Ehegatten in UK (derzeit noch, das kann sich ändern) keine Erbschaftsteuern zahlen, können sich die Eheleute hinsichtlich der UK Immobilie gegenseitig zu Erben einsetzen, dann geht beim Tod des ersten Ehegatten die Wohnung in London (genauer gesagt, der Hälfteanteil des zuerst verstorbenen) steuerfrei auf den länger lebenden Ehegatten über. Verstirbt und verebt später der zweite Ehegatte diese Londoner Immobilie an das Kind (oder die Kinder), dann gilt der doppelte Freibetrag, weil nach englischer Steuersystematik die "nil rate band" des zuerst verstorbenen Ehegatten auf den länger lebenden übertragen wird (transferable nil rate band), allerdings nur, wenn der zuerst Verstorbene keine Vermächtnisse an andere Personen macht.
Das Kind kann also 2 x 325.000 Pfund als Freibetrag ansetzen. Auf die verbleibenden 150.000 Pfund dann wieder 40 Prozent, also noch 60.000 Pfund Steuern in UK. Schon besser.
Variante c: Eigentümer wohnen in der Immobilie
Wenn die Eltern selbst in der Wohnung leben, gelten zusätzlich zum normalen Freibetrag (nil rate band) auch noch die "residential nil rate band" von (derzeit) 175.000 Pfund pro Elternteil. In Variante a könnte der Alleineigentümer also 500.000 Pfund steuerfrei vererben (325.000 plus 175.000 Pfund). In Variante b sogar eine Million, da 2 x 325.000 plus 2 x 175.000 Pfund. Wenn die Eltern in der Immobilie leben, dann haben sie in den meisten Fällen auch ihr Domicile in England, so dass das gesamte Weltvermögen der UK IHT unterfällt, also zum Beispiel auch das in Deutschland befindliche Vermögen.
Aber!
Diese Berechnungen berücksichtigen zwei wichtige Aspekte nicht: (1) Existiert noch anderes Vermögen? (2) Haben die Eltern auch in Deutschland einen Wohnsitz? Falls die Eltern in Deutschland wohnen und die UK Immobilie nur eine Ferienwohnung oder ein vermietetes Haus ist, dann greift neben der UK IHT für die UK Assets ja auch noch das deutsche Erbschaftsteuerrecht - und zwar für den weltweiten Nachlass, also inklusive des UK Vermögens. Nun ist es leider oft so, dass eine Gestaltung, die für UK günstig (also steuerreduzierend) ist, in Deutschland steuerlich ungünstig ist. Einfachstes Beispiel: In UK ist es Standard, alles an den Ehegatten zu vererben, weil dieser unbegrenzt steuerfrei erbt., Wenn das jemand tut, der auch in Deutschland wohnt, verschenkt er die deutschen Steuerfreibeträge der Kinder. Ein klassischer Zielkonflikt bei der steuerlichen Nachlassplanung von deutsch-britischen Familien.
Weg 2: Lebzeitige Übertragung von britischen Immobilien an die Kinder (vorweggenommene Erbfolge)
OK, vererben ist also steuerlich problematisch. Warum dann nicht einfach zu Lebzeitien an die Kinder verschenken, also im Weg der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Am besten - wie das in Deutschland so oft gemacht wird - mit Vorbehalt eines Nießbrauchs an der englischen Immobilie?
Nun, weil das in UK leider ebenfalls steuerliche Probleme mit sich bringt. Zwar sind Schenkungen zu Lebzeiten prinzipiell sterfrei, weil es eine Schenkungsteuer (gift tax) in UK nicht gibt (Details dazu hier: www.cross-channel-lawyers.de/wie-werden-schenkungen-aus-oder-nach-england-besteuert/)
Aber!
Eine lebzeitige Schenkung an andere Personen als den Ehepartner löst in UK Capital Gains Tax aus! Auch Schenkungen an Kinder oder Enkel. Die Vorschriften zur englischen Capital Gains Tax sind noch erheblich komplexer als die zur UK Inheritance Tax. Das Grundprinzip ist: Kauft jemand eine Immobilie in UK und hält diese für Jahre oder Jahrzehnte, dann muss im Fall des Verkaufs, aber eben auch bei Schenkung die Wertdifferenz in UK versteuert werden. Mehr hier: www.cross-channel-lawyers.de/die-capital-gains-tax-beim-hausverkauf-in-england/
Und eine Übertragung mit Nießbrauchsvorbehalt ist in UK gleich doppelt nachteilig. Details dazu hier: www.englischesrecht.de/blog/vorweggenommene-erbfolge-mit-niessbrauch-funktioniert-in-england-nicht
Weg 3: Einbringung der Immobilie in eine Gesellschaft, ein Unternehmen oder eine (Familien-)Stiftung
Alternativ können Familien mit Vermögen in Deutschland und UK über komplexere Konstrukte nachdenken. Das Vermögen muss aber entsprechend hoch sein, damit die mit solchen Familienstiftungen oder Immobilien-Trusts verbundenen Kosten in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
Generell gilt: Steuergesetze können sich ändern! ⸻
Für alle Ausführungen in diesem Beitrag, insbesondere die hier genannten Steuersätze und Freibeträge, gilt der Hinweis! Die Labour-Regierung von Keir Starmer hat Änderungen für 2024/2025 angekündigt.
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- Optimale Nutzung der Erbschaftsteuer-Freibeträge in England
- Anrechnung von Erbschaftsteuer zwischen Deutschland und England
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