18.09.2024 |

Kündigung einer Mietwohnung in England

Wohnungsmieter zu kündigen ist nach englischem Recht kompliziert und aufwendig

Wer ein Apartment oder ein Haus (dwelling-home) in England gekauft (oder geerbt) hat und nun mit dem Gedanken spielt, dieses zu vermieten, muss sich darüber im klaren sein, dass die Kündigung eines solchen Mieters nach englischem Recht erheblichen Aufwand und hohe Kosten mit sich bringt. Eine solche Kündigung wird aber in aller Regel nötig sein, falls Sie die englische Immobilie später irgendwann wieder verkaufen möchten, denn die meisten Käufer wollen die Immobilie frei und geräumt ("with vacant possession") übereignet bekommen, weil der Käufer selbst einziehen will. Es gibt zwar auch einen Käufermarkt für vermietete Immobilien ("with sitting tenant"). Die Anzahl solcher Investoren-Käufer ist aber erheblich niedriger und existiert meist nur in großen Städten. Zudem muss die Rendite gut sein, der Bestandsmieter muss also eine vergleichsweise hohe Miete zahlen, damit ein "investor buyer" in England Interesse hat. Im Normalfall erzielt man 20.000 bis 50.000 Pfund mehr als Verkaufspreis, wenn man die Wohnung oder das Haus ohne Mieter anbieten kann.

Deutsche Mieterschutzgesetze sind harmlos im Vergleich zu den Anforderungen an eine Mieterkündigung in UK

Zunächst muss man unterscheiden, ob man den Mietvertrag in England regulär ("no-fault eviction") oder aus wichtigem Grund ("eviction for cause" oder "section 8 notice") kündigen will, etwa weil der Mieter mit mehr als zwei Monatsmieten in Zahlungsverzug ist. Dieser Beitrag fokussiert sich auf die reguläre, ordentliche Kündigung eines englischen Wohnmietvertrags, da der Mieter in den meisten Fällen keinen Anlass für eine "eviction for cause" liefert.

Der Standardmietvertrag in England und Wales ist ein sogenanntes "Assured Shorthold Tenancy agreement" (AST agreement). "Assured shorthold" bedeutet in diesem Kontext "garantierte Mindestmitdauer" ("initial fixed period of the tenancy"), die gesetzlich mindestens sechs Monate betragen muss, in der Vertragspraxis in England aber meistens eher 12 Monate beträgt. Man muss also im Mietvertrag nachsehen, welche garantierte Mindestmietdauer vereinbart ist.

Nach Ablauf dieser garantierten Mindestmietzeit kann der Eigentümer/Vermieter das Mietverhältnis (theoretisch) ohne Grund kündigen. Theoretisch deshalb, weil die Vermieter in der Praxis so gut wie immer irgend einen formalen Fehler gemacht haben, weshalb der Mieter die KÜndigung zurückweisen kann. Zweitens, weil es besonders schutzbedürftige Mieter gibt, die einer ordentlichen Kündigung widersprechen können.

Ordentliche Kündigung eines Wohnmietvertrags in England

Die ordentliche Kündigung eines solchen Wohnmietvertrags in England ist geregelt in Section 21 Housing Act 1988 (www.legislation.gov.uk/ukpga/1988/50/section/21), im Unterschied zur Kündigung aus wichtigem Grund, insbesondere wegen Vertragsverletzung ("breach of lease"), nach Section 8 Housing Act 1988 (www.legislation.gov.uk/ukpga/1988/50/section/8).

Die Kündigungsfrist ("notice period") nach Section 21 Housing Act beträgt mindestens zwei Monate ab Zustellung der Kündigung des Wohnmietvertrags, sofern im Mietvertrag keine längere Kündigungsfrist vereinbart ist (kürzere Kündigungsfristen im Mietvertrag wären unwirksam).

Wo ist das Problem?

Naive (deutsche) Vermieter einer englischen Wohnung oder eines Hauses schicken also eine schriftliche Kündigung an den Mieter mit in etwa dem Wortlaut (natürlich in Englisch): "Hiermit mit kündige ich das bestehende Mietverhältnis mit Wirkung zum [Datum in mindestens 2 Monaten]." Diese Kündigungserklärung bringt nur leider nichts, denn das englische Mieterschutzrecht schreibt vor, dass eine ordentliche Kündigung nur dann wirksam ist, wenn dem Mieter gleichzeitig eine beeindruckende Liste von Dokumenten und Informationen vorgelegt werden, nämlich:

  • Der schriftliche Nachweis, dass die Mietkaution (deposit) auf einem geschützten Treuhand-Kautionskonto hinterlegt wurde und verwahrt ist (deposit has been protected in an authorised scheme). Übrigens: Wenn der Vermieter eine vom Mieter gezahlte Kaution nicht auf einem geschützten Konto verwahrt, kann der Mieter vom Vermieter drei Monatsmieten Schadensersatz oder besser gesagt Strafzahlung verlangen.
  • Ein Exemplar des offiziellen Informationshandbuchs "How to Rent" (www.gov.uk/government/publications/how-to-rent/how-to-rent-the-checklist-for-renting-in-england). Diese Infobroschüre sollte jeder Vermieter dem Mieter bereits bei Mietvertragsabschluss bzw. bei Einzug in die Hand drücken und diese Tatsache irgendwie dokumentieren, um es später beweisen zu können. Hat man das versäumt, muss man das Booklet jeedenfalls zusammen mit der Mietkündigung zustellen. So der so: Der Vermieter ist also in England dafür verantwortlich, dass der Mieter seine Rechte kennt. Ein ziemlich bevormundender Ansatz, aber "that is the law in the UK".
  • Ein aktuelles, also nicht abgelaufenes "Energy Performance Certificate" (EPC). Warum das bei der Kündigung des Mietvertrags wichtig ist, müssen Sie den englischen Gesetzgeber fragen.
  • Ein aktuelles, also nicht abgelaufenes "Gas Safety Certificate" (GSC). Kommentar wie oben.

Was passiert, wenn der Vermieter die Formerfordernisse der Kündigung nicht einhält?

Kennen alle Vermieter und Mieter in Großbritannien diese strengen formellen Anforderungen an die Kündigung eines Wohnmietvertrags? Natürlich nicht. Auch englische Vermieter schicken naive Kündigungen ohne Anhänge und unwissende englische Mieter ziehen fristgerecht aus. Nur was passiert, wenn ein Mieter seine Rechte kennt oder einen Solicitor frägt? Dann ist die ordentliche Kündigung unwirksam und der Vermieter kann von vorne beginnen, hat also Zeit verloren. Denn eine Räumungsklage, die auf einer Mietkündigung ohne Einhaltung der oben genannten Anforderungen beruht, fliegt dem Vermieter um die Ohren.

Räumungsklage, wenn Mieter trotz Kündigung nicht auszieht

Hat der Eigentümer / Vermieter die Kündigung wirksam erklärt, also alle Informationen und Unterlagen beigefügt, kann dieser nach Ablauf der Kündigungsfrist (notice period) gegen eine Gerichtsgebühr von derzeit knapp 400 Pfund eine Räumungsklage zum englischen Gericht erheben (section 21 possession claim), die sogenannte “Accelerated Procedure”, wobei die Bezeichnung ein Euphemismus ist. Schnell geht vor dem englischen Gericht nämlich in aller Regel gar nichts.

Das Gericht fordert den Mieter (tenant) dann auf, innerhalb von zwei Wochen eine Verteidigungsschrift einzureichen (file a defence), falls dieser die Kündigung für unberechtigt hält. Reagiert der Mieter nicht, kann der Vermieter ein Versäumnisurteil beantragen, hier in Form einer "possession order" (Räumungsbeschluss). Zieht der Mieter auch nicht aus, nachdem ihm dieser Räumungsbeschluss zugestellt wurde, ist der nächste Schritt, ein "Warrant of Possession" zu beantragen, mit dem der Vermieter den Mieter dann per Bailiff (und Polizei) zwangsweise aus der Wohnung holen lassen kann.

Sicht eines deutschen Immobilieninvestors

Sie ahnen es: Wenn ein Mieter in England Probleme bereitet, können die Anwalts- und Gerichtskosten für eine zwangsweise Räumung die Mieterträge von einem oder mehreren Jahren kosten und jede Investitionsrechnung zerbomben. Man muss sich also sehr gut überlegen, ob man als deutscher Eigentümer einer englischen Immobilie das Risiko einer Vermietung eingehen will.

Mehr Informationen zum englischen Zivilprozessrecht

Kategorie: ZivilrechtImmobilienrechtMietrecht

Autor
Bernhard Schmeilzl

Bernhard Schmeilzl

Rechtsanwalt & Master of Laws

+49 (0) 941 463 7070 schmeilzl@grafpartner.com

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