Transparenzgesetze: FATCA, AEOI und Co
Im Jahr 2010 ist so einiges passiert: Das erste iPad kommt auf den Markt. David Cameron wird britischer Premierminister und weiß damals noch nicht, dass sein späteres Referendum zum Brexit führen wird. Ein isländischer Vulkan bricht aus und legt den europäischen Flugverkehr lahm. Die Fußball-WM in Südafrika macht die Welt mit der Vuvuzela bekannt. Und zu (nicht) guter Letzt: der Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) tritt in Kraft.
Wer sich schon mal mit FATCA befassen musste, weiß, dass dieser Act weltweit bis zum heutigen Tag für Kopfschmerzen und eine Explosion der von Bankkunden auszufüllenden Formulare sorgt.
FATCA regelt den wechselseitigen Austausch steuerrelevanter Daten zwischen den USA und den 113 Staaten, die mit den USA ein bilaterales FATCA-Abkommen haben. Zu diesen participating jurisdictions gehören neben Deutschland auch das Vereinigte Königreich (also England, Wales, Schottland und Nordirland), ebenso die Isle of Man sowie die Kanalinseln Jersey und Guernsey.
Ziel von FATCA war und ist die Prävention von Steuerhinterziehung durch in den USA steuerpflichtigen Personen. Auslandskonten und anderes Auslandsvermögen (aus Sicht des US-Finanzamts) sollen durch den Informationsaustausch aufgedeckt werden. Der Austausch von Informationen erfolgt durch Finanzinstitute direkt mit der amerikanischen Steuerbehörde, den Internal Revenue Service (IRS). Kurz formuliert: Jede Bank muss dem US-Finanzamt mitteilen, wenn jemand, der in USA steuerpflichtig sein könnte, bei dieser Bank ein Konto, Aktiendepot oder sonstiges Investment eröffnet.
Es dauerte nicht allzu lange, bis dieses Prinzip der USA von der „Organisation for Economic Cooperation and Development“, kurz OECD, kopiert wurde um einen Informationsaustausch zwischen Finanzinstituten und weiteren Steuerbehörden weltweit (nicht nur der IRS) zu erzielen. 2014 war er dann da: Der „Common Reporting Standard“ (CRS), auch als „Automatic Exchange of Financial Account Information“ (AEOI) bekannt.
FATCA und CRS haben seither die Finanzwelt und deren praktische Arbeitsweise verändert wie noch nie eine Gesetzgebung zuvor. Das Eröffnen eines „normalen“ Kontos oder Depots (für Privatpersonen oder Unternehmen) wurde durch beide Regime zu einem unübersichtlichen und langwierigen Bürokratieakt. Banken und andere Finanzinstitute fragen ihre genervten Kunden seither nach Dingen wie: W-8BEN Formularen, Selbstauskunftserklärungen, CRS Klassifizierungen, TINs, GIINs usw. The list goes on. Die Regulierungen beider Regime sind dabei so komplex verfasst, dass es Laien (und so manchem Banker) oft unmöglich ist, diese Formulare korrekt auszufüllen.
Welche Informationen werden nun eigentlich ausgetauscht, also dem Finanzamt übermittelt? Von betroffenen Accountholdern werden Name, Anschrift, Ansässigkeitsstaat, Steueridentifikationsnummer, Geburtsdatum, Geburtsort, Kontonummer, Kontosaldo und sonstige Einkünfte weitergeben.
Datenschutz versus Transparenzgesetze
Sie denken jetzt bestimmt: Moment mal, was ist denn eigentlich mit dem Datenschutz, der sonst in Deutschland und in der EU so hochgehalten wird? Keine Website darf auch nur meine E-Mail speichern, ohne dass ich dem ausdrücklich zustimme. Und nun schickt die Bank meine persönlichen und finanziellen Daten an die Finanzbehörden aller Herren Länder?
Das ist eine berechtigte Frage. Kürzlich, im Mai 2023, hielt zum Beispiel die belgische Datenschutzbehörde (DPA) die Datenübermittlung in die USA wegen Verstoßes gegen die europäischen und belgischen Datenschutzbestimmungen für unzulässig und untersagte den belgischen Banken die Datenübermittlung, jedenfalls im Hinblick auf sogenannte „zufällige Amerikaner“, also hinsichtlich von außerhalb den USA geborenen Personen, die über einen US-Elternteil dennoch die amerikanische Staatsbürgerschaft hatten. Das Berufungsgericht in Belgien sah dies dann aber wieder anders und hob das Verbot der Datenschutzbehörde auf.
Im Ergebnis gelten die Transparenzgesetze somit Stand heute für jedermann, und die Eröffnung eines Bankkontos oder Wertpapierdepots bliebt mühsam. Die Datenschützer haben sich beim Thema Bankgeheimnis nicht durchgesetzt.
Weitere Infos hier:
https://americansoverseas.org/de/nachrichten/steuerdaten-zufallige-amerikaner/
Rechtsanwältin und Solicitorin Verena Roberts hat langjährige Erfahrung im Bereich FATCA/CRS und steht für Beratung auf diesem Gebiet zur Verfügung. Dazu zählt die Unterstützung mit Formularen, Klassifizierungen, die Kommunikation mit der IRS oder anderen Steuerbehörden und die Zusammenarbeit mit internationalen Finanzdienstleistern.