Die Basics des Common Law Trust
Für alle Juristen, Steuerberater, Banker und Family Office Geschäftsführer, die das kontinentaleuropäische „Civil Law“ Rechtssystem gewöhnt sind, also eine Rechtsordnung mit in großen Gesetzbüchern wie dem BGB, HGB, AktienG, GmbHG usw. umfassend und sehr detailliert kodifiziertem Recht (Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien usw.), ist der in Common Law Rechtsordnungen allgegenwärtige, aber nur nebulös definierte Trust ein schwer greifbarer „Alien“. Was
Als ich mich als deutsche Rechtsanwältin vor vielen Jahren das erste Mal auf der Kanalinsel Jersey mit einem „Jersey Trust“ auseinander setzen musste war, ich sehr überrascht. Wie konnte sich das Konzept eines „discretionary trust“ (Treuhand mit Ermessensspielraum) bei dem der Treugeber alle Rechte seines Vermögens an den Treuhänder abgibt, der dann weitgehend freies Ermessen ausübt, sich seit Jahrhunderten in so vielen Rechtsordnungen weltweit behaupten? Dem deutschen Erbrechtsanwalt stellen sich da ohnehin schon die Nackenhaare hoch, denn nach deutschem Erbrecht darf der Ersteller eines Testaments die Entscheidung, wer Erbe wird, gerade nicht an eine andere Person delegieren.
Anders in der anglo-amerikanischen Rechtswelt. Denn im Common Law Universum – und das sind weltweit sehr viele Länder – ist der Trust, oft eben auch der „discretionary trust“, DAS zentrale juristische Werkzeug für die Vermögensverwaltung und die Nachlassplanung (estate planning). Ein Trust hält und verwaltet das Familienvermögen oft über viele Jahrzehnte hinweg, also für mehrere Generationen einer Familie.
Was genau ist ein Trust nach englischem Recht?
Ein Trust entsteht, wenn ein Treugeber (settlor) Vermögenswerte and einen Treuhänder (trustee) überträgt, der dann diese Vermögenswerte für Dritte (die Begünstigten, genannt beneficiaries) oder für allgemeine Zwecke verwaltet. Die Bedingungen unter dem der Trustee die Güter verwaltet sind in dem sogenannten Trust Deed oder Trust Instrument festgelegt, ein Dokument, das alle Beteiligten unterzeichnen.
Wem gehören die Vermögenswerte und wer hat Kontrolle?
Bei einem discretionary trust gibt der settlor tatsächlich alle Rechte an seinem Vermögen and den trustee ab. Das Eigentum wird rechtlich übertragen. Bei der Verwaltung ist der trustee zwar an die Bedingungen des trust instruments gebunden, verwaltet die Vermögenswerte aber grundsätzlich nach freiem Ermessen.
Sie wundern sich wahrscheinlich ebenso wie ich damals. Wer würde freiwillig sein Vermögen aufgeben und hoffen, dass der trustee dann schon so handelt, wie ich mir das wünsche? Nun, das liegt daran, dass dieses Ermessen in der Praxis dann eben doch nicht völlig frei ist.
"Letter of wishes" und "fiduciary duty"
Neben dem trust instrument übergibt der settlor dem trustee nämlich in den meisten Fällen auch einen sogenannten „letter of wishes“. Das ist ein Brief, in dem der settlor dem trustee mitteilt, welchen (wirtschaftlichen) Zweck der Trust haben soll und nach welchen Kriterien der trustee sein Ermessen ausüben soll, damit den Wünschen des settlors Rechnung getragen wird. Dieser Brief ist zwar rechtlich nicht strikt bindend für den trustee, soll dessen Ermessen aber lenken (provide guidance). Der trustee unterliegt treuhänderischen Pflichten (fiduciary duty) trägt. Diese verlangen vom trustee allzeit im besten Interesse der Begünstigten zu handeln und die Wünsche des Treugebers zu berücksichtigen.
Wenn Sie jetzt denken, dass das vermutlich oft zu Konflikten und Auslegungsstreitigkeiten führt, dann haben Sie Recht. Die Ausübung des Ermessens und die Treuhandspflicht interpretieren die Beteiligten häufig unterschiedlich und Rechtstreitigkeiten zwischen settlor und trustee oder Begünstigten und trustee bleiben daher nicht aus.
Welche Vorteile bietet ein Trust?
Warum also überhaupt von diesem interpretationsbedürftigen Konzept eines „Trust“ Gebrauch machen? Nun, aus Sicht des Common Law gibt es erstens kaum eine Alternative und aus Sicht des Common Law bietet der Trust folgende Vorteile und Gestaltungsmöglichkeiten:
- Sicherheit: Ein Trust ist eine in Common Law Rechtsordnungen etablierte Rechtsstruktur zur Verwaltung von Vermögenswerten.
- Stabilität: Ein Trust kann Ihr Vermögen vor wirtschaftlichen und politischen Veränderungen und Instabilität anderswo auf der Welt schützen.
- Vertraulichkeit: Das rechtliche Eigentum an den Vermögenswerten liegt im Namen der Treuhänder, nicht im Namen des Treugebers.
- Vermögensschutz: Dies ist eine Funktion der meisten Trusts, einige Trusts werden jedoch speziell gegründet, um Vermögenswerte vor potenziellen Gläubigern zu schützen.
- Steuerplanung: Bei sorgfältiger Gründung und Verwaltung sowie entsprechender Beratung durch Steuerexperten in den jeweiligen Ländern kann der Einsatz eines Trusts die Steuerbelastung senken. Beispielsweise kann es besonders steuerlich wirksam sein, wenn der Trust vor Auswanderung in ein anderes Land erstellt wird.
- Nachfolge- und Nachlassplanung: Ein Trust vermeidet umständliche rechtliche Verfahren nach Ihrem Tod und sorgt für Kontinuität für künftige Generationen Dies kann dazu beitragen, dass die Erblasser einen maßgeschneiderten Nachfolgeplan erstellen können, und dabei helfen, Steuern zu vermeiden, die im Todesfall anfallen. Ein Treuhandvermögen wird nach seinem Tod nicht Teil des Nachlasses des Treugebers sein.
- Familienunterhalt: Ein Trust kann Begünstigten, die nicht in der Lage sind, ihr Vermögen selbst zu verwalten, Managementleistungen anbieten.
Trusts in Deutschland und Anerkennung
Die deutsche Rechtsordnung kennt das Konzept des Trusts nach Common Law Verständnis nicht. Es ist zwar auch im deutschen Recht möglich, ein schuldrechtliches Treuhandverhältnis zu gestalten, dies ist aber nicht identisch mit einem Common Law Trust, der ein Sondervermögen im Sinn einer eigenen Rechtspersönlichkeit begründet.
Ausländische Trusts werden vom deutschen Recht grundsätzlich nicht anerkannt. Deutschland hat das Übereinkommen der HCCH (Hague Conference on Private International Law – Conférence de La Haye de droit international privée) über das auf Trusts anzuwendende Recht und über deren Anerkennung von 1985 nicht ratifiziert.
Mehr zum HCCH Übereinkommen finden Sie unter:
- www.hcch.net/de/publications-and-studies/details4/?pid=5991&dtid=21
- www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2007/375/de
Infolgedessen erkennt das deutsche Vermögensrecht die Übertragung von in Deutschland belegenen Vermögenswerten an einen ausländischen Trust als eigenen Vermögensträger nicht an. Anders formuliert: Das Vermögen muss aus deutscher Sicht steuerlich immer einer Person zugeordnet bleiben. Der „Trust gehört nicht sich selbst“.
Es hängt von der konkreten Ausgestaltung, also den Bedingungen (terms) des Trusts ab, ob diese Vermögenswerte im Sinne des deutschen Zivil- und Steuerrechts als Eigentum des Treugebers oder des Treuhänders gelten.
Trotzdem kann ein Deutscher natürlich einen ausländischen Trust erstellen oder Begünstigter eines ausländischen Trusts sein. Ob eine Nutzung sinnvoll ist, hängt davon ab, aus welchen der oben genannten Gründen ein Trust errichtet wird.
Insbesondere aus steuerrechtlicher Sicht ist bei Steuerpflichtigen in Deutschland Vorsicht geboten und Expertenrat einzuholen. Bei einer Ausschüttung eines ausländischen Trusts kann es zu einer Doppelbesteuerung durch Einkommensteuer und Schenkungsteuer kommen.
Mehr dazu in einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts München vom 3.7.2024: www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2024-N-24994?hl=true
Für konkrete Beratung zum Thema Trust stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.