28.01.2025 |

Wie gemein: Wales ist immer nur "mitgemeint"

Die einheitliche Rechtsordnung von England und Wales

In diesem Betrag entschuldigen wir uns einmal von ganzem Herzen bei Cymru (Wales), dem westlichen Landesteil Großbritanniens, dafür dass wir diesen Blog EnglischesRecht.de genannt haben.

Verwendet man die Begriffe „England“ und „englisch“ im juristischen Kontext, also zum Beispiel "englisches Recht", dann ist das streng genommen unfair, da unvollständig. Denn England & Wales bilden zusammen eine einheitliche Rechtsordnung: the single legal jurisdiction of England and Wales.

Das ist die offizielle Bezeichnung. Siehe zum Beispiel die Einleitung zum Government of Wales Act 2006. Im Unterschied übrigens zu Schottland und Nordirland, die jeweils gesonderte, eigene Rechtsordnungen haben (separate legal jurisdictions). Wer daher "britisches Recht" sagt, outet sich in den meisten Fällen als anglo-juristischer Amateur, dann das gibt es in der Regel nicht. Abgesehen von einigen wenigen Rechtsgebieten, auf denen tatsächlich ein UK-weites einheitliches britisches Recht existiert (etwa bei der Erbschaftsteuer: UK Inheritance Tax).

"Englisches Recht"?

Geht es um Zivilrecht und Zivilprozessprozessrecht, müsste man daher statt vom "englischen Recht", korrekterweise vom "Recht von England und Wales" sprechen. Macht im echten Leben aber kaum jemand. Wir auch nicht. Dafür heute ein ganz dickes esgusod! Die Waliser mögen uns verzeihen, dass auch auf diesem Blog im Interesse der Lesbarkeit nicht immer und überall „England und Wales“ formuliert wird. Ihr seid IMMER mitgemeint. Wirklich!

Domicile und Staatsbürgerschaft?

Wenn wir schon bei britischer Landeskunde und juristischer Begriffsklärung sind:

Großbritannien (Great Britain) meint England, Wales und Schottland. Das Vereinigte Königreich (United Kingdom) erfasst neben England, Wales und Schottland auch noch Nordirland (The United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland).

United Kingdom ist auch die Staatsbürgerschaft, man ist also „UK citizen“, umgangssprachlich „British citizen, nicht etwa English citizen oder Scottish citizen. Auf den (nach Brexit nun nicht mehr roten, sondern nachtblauen) Pässen steht "BRITISH PASSPORT" und "UNITED KINGDOM OF GREAT BRITAIN AND NORTHERN IRELAND").

Sein domicile (in etwa vergleichbar, wenn auch nicht ganz identisch mit „gewöhnlichen Aufenthalt“) hat man degegen nicht in UK, sondern entweder in England und (!) Wales oder in Schottland oder in Nordirland. Das ist juristisch durchaus relevant, um etwa das anwendbare Familienrecht oder Erbrecht festzustellen. Stirbt jemand mit domicile in England und Wales, gelten ganz andere Nachlassregeln als bei domicile in Schottland. Die Formulierung in einem deutschen Erbscheinsantrag wie „der Erblasser hatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Großbritannien“ oder gar „im Vereinigten Königreich“ ist daher ungenau und führt zu Rückfragen des Gerichts.

Weitere Infos zu Rechtsordnungen auf den britischen Inseln

Beitragsfoto: Freepik.com

Kategorie: VertragsgestaltungWirtschaftsrechtZivilprozesseProzessrecht

Autor
Bernhard Schmeilzl

Bernhard Schmeilzl

Rechtsanwalt & Master of Laws

+49 (0) 941 463 7070 schmeilzl@grafpartner.com

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