04.11.2024 |

Änderungen bei der Erbschaftsteuer in England ab 2024

UK Erbschaftsteuer erhöht sich durch Reduzierung vieler Freibeträge

Die Nachlassplanung für britische Familien und Deutsche mit UK-Vermögen wird komplizierter

Die britische Regierung hat am 30. Oktober 2024 im lange erwarteten "Autumn Budget" (Haushaltsplan Herbst 2024) nun unter anderem auch die Änderungen in der Erbschaftsteuer für das Vereinigte Königreich (also für England, Wales, Schottland und Nordirland) bekannt gegeben. Hier die Übersicht der von der Labour Regierung vorgenommenen Änderungen im englischen Steuerrecht (inklusive Inheritance Tax und captal Gains Tax): www.gov.uk/government/publications/autumn-budget-2024-overview-of-tax-legislation-and-rates-ootlar

Erbschaftsteuersätze und Ehegattenfreibetrag bleiben gleich

Auf den ersten Blick ändert sich bei der englischen Erbschaftsteuer (Inheritance Tax) gar nicht so viel. Der Steuersatz (inheritance tax rate) von 40 Prozent bleibt unverändert, auch die Möglichkeit, unbegrenzt steuerfrei an den überlebenden Ehepartner zu vererben (unlimited spouse exemption). Auch die zwei wichtigsten Steuerfreibeträge hat die Labour Regierung nicht verändert:

  • die "nil rate band (NRB)" in Höhe von derzeit 325.000 Pfund, also der allgemein für den Nachlass geltende Freibetrag
  • die "residential nil rate band (RNRB)" von derzeit 175.000 Pfund, der zusätzliche Freibetrage für Wohnimmobilien

Vereinfacht gesagt kann jeder Erblasser in UK somit auch nach 2024 weiterhin unbegrenzt steuerfrei an den Ehepartner vererben und bis zu 500.000 Pfund (insgesamt) an andere Begünstigte als den Ehegatten. Es gibt also keine "neue britische Erbschaftsteuer", wie manche Medien berichtet haben.

Was ändert sich bei der britischen Erbschaftsteuer ab 2024?

Warum also die Aufregung in den britischen Medien über eine "Erhöhung der Inheritance Tax" und eine Flut an Newslettern und Posts von englischen Steuerkanzleien, dass britische Familien ihre Nachlassplanung überdenken und anpassen sollen? Nun, die Erhöhung der Erbschaftsteuer in Großbritannien erfolgt indirekt durch diverse Änderungen, die man nicht auf den ersten Blick sieht.

Zunächst einmal hat Labour die Freibeträge (nil rate band und residential nil rate band) bis einschließlich 2030 auf dem jetzigen Niveau eingefroren. Wenn man sich vor Augen hält, dass die NRB von 325.000 Pfund zuletzt im April 2009 (also vor 15 Jahren) erhöht wurde (Übersicht der historischen Erbschafsteuer-Freibeträge in UK hier: www.gov.uk/government/publications/rates-and-allowances-inheritance-tax-thresholds-and-interest-rates/inheritance-tax-thresholds-and-interest-rates) und gleichzeitig welche Inflation seither stattgefunden hat, führt allein diese Nicht-Erhöhung des Freibetrags für mindestens fünf weitere Jahre automatisch zu immer höheren Erbschaftsteuern, da die Immobilienpreise in Großbritannien - gerade in Metropolen - stetig weiter steigen.

Das ist aber kein neuer Aspekt. Auch die vorherigen Regierungen haben sich seit 2015 eine Anpassung der NRB (und der RNRB) verkniffen. Überraschender und - vor allem für Unternehmer, Landwirte und wohlhabende Familien - schmerzhafter sind folgende Änderungen bei der britischen Erbschaftsteuer:

  • Auszahlungen von Pensionen / Pensionssparplänen (pension funds) und sonstigen "death benefits" fallen künftig in den zu versteuernden Nachlass. Bislang waren solche Auszahlungen an die Erben bzw. Begünstigten im Vereinigten Königreich steuerfrei. Die Details zur steuerlichen Situation in UK bis 2024 hier: https://www.gov.uk/tax-on-pension-death-benefits (Da dieser Link möglicherweise bald offline genommen wird, finden Sie die Information am Ende des Artikels auch als PDF Download). Künftig werden solche Pensionszahlungen, die in UK in der Regel als lump sum payment erfolgten voll versteuert. Wie diese Änderung von der englsichen Steuerverwaltung umgesetzt wird, ist derzeit Gegenstand einer "Consultation": www.gov.uk/government/consultations/inheritance-tax-on-pensions-liability-reporting-and-payment/technical-consultation-inheritance-tax-on-pensions-liability-reporting-and-payment
  • die "residential nil rate band" wird künftig graduell abgeschmolzen, wenn der Nachlass einen bestimmten Gesamtwert übersteigt
  • die besonderen Steuerfreibeträge und ermäßigten Steuersätze für Unternehmen (business property relief) und Landwirtschaftsbetriebe (agricultural property relief) werden erheblich eingeschränkt. Im Kern wird der steuerfrei übertragbare Wert auf eine Million Pfund begrenzt. Darüber fallen künftig in UK ERbschaftsteuern an. Die Details sind kompliziert.

Reaktionen und Konsequenzen

Die Änderungen betreffen in der Praxis erheblich mehr Personen und Familien, als man auf den ersten Blick meint. Von den faktischen Steuererhöhungen werden keineswegs nur "Superreiche" erfasst. Einigermaßen entsetzt sind zum einen die Anbieter von Pensionsprogrammen, zum anderen kleine und mittlere Familienbetriebe sowie kleine und mittlere Landwirtschaftsbetriebe. Gerade bei den Familien-Landwirtschaften rechnen manche nun mit Betriebsaufgaben. Ob und wie hart es die Betriebe tatsächlich treffen wird, hängt natürlich auch von der praktischen Handhabung und der Bewertung von Betrieben durch die Steuerverwaltung ab. Hintergründe hierzu im Guardian vom 1.11.2024.

Lebzeitige Schenkungen an die nächste Generation werden durch die Gesetzesänderungen in UK künftig wohl erheblich attraktiver. Die in Deutschland so häufig genutzte "vorweggenommene Erbfolge mit Nießbrauchsvorbehalt" ist in UK nicht attraktiv, da ein Nießbrauch dazu führt, dass das übertragene Vermögen steuerlich gesehen im Nachlass bleibt (Details dazu hier). Wenn man in UK also steuerfrei zu Lebzeiten übertragen will, muss man das Vermögen ohne jeden Vorbehalt übertragen, also "without strings attached". Dazu waren bislang nicht viele Immobilieneigentümer, Unternehmer oder Farmer in UK bereit. Die nun den Erben drohenden Erbschaftsteuern könnten hier ein Umdenken bei der Nachlassplanung (estate planning) bewirken.

Weitere Informationen zu Erbschaftsteuer und Schenkungssteuer in England

Bei allen Beiträgen bitte beachten, dass durch das Autumn Budget 2024 Änderungen eingetreten sein können.

Kategorie: ErbrechtNachlassplanungFamily OfficeSteuernSteuerrechtEnglischer Trust

Autor
Bernhard Schmeilzl

Bernhard Schmeilzl

Rechtsanwalt & Master of Laws

+49 (0) 941 463 7070 schmeilzl@grafpartner.com

Weitere Beiträge ⸻

09.12.2024

Personensuche und Anschriftenermittlung in England

Bei grenzüberschreitenden Erbfällen weiß man zwar oft, dass Erben oder ein Pflichtteilsberechtigte irgendwo in Großbritannien leben, deren aktuelle Wohnadressen kennt aber niemand, weil die …
07.12.2024

Bei Fahrfehler im britischen Linksverkehr zahlt Kaskoversicherung oft nicht

Wer sich einem Land mit Linksverkehr, etwa UK (also England, Schottland, Nordirland), der Republik Irland, Australien, Südafrika u.v.a., einen Mietwagen nimmt, sollte sich darüber bewusst sein, dass …
02.12.2024

Vernehmung von Beschuldigten durch die englische Polizei

Verdächtigt die englische Polizei jemanden, eine Straftat begangen zu haben, findet meist relativ frühzeitig eine Beschuldigtenvernehmung auf der Polizeiwache statt ( caution interview of the …

MELDEN SIE SICH JETZT FÜR UNSEREN NEWSLETTER AN!

Jetzt anmelden