
Wer in England eine Wohnimmobilie erwirbt, sollte zum Zeitpunkt des Kaufs nicht bereits Immobilieneigentümer sein
Das englische Steuerrecht "bestraft" solche Käufer einer zweiten Wohnimmobilie (residential property) - egal ob diese zur Eigennutzung oder zur Vermietung erworben wird - nämlich mit einem viel höheren Grunderwerbsteuersatz (Stamp Duty Land Tax). Zu dem in UK ohnehin bereits deftigen Steuersatz von bis zu 12 Prozent (Details hier), kommen noch einmal zusätzliche 5 Prozent oben drauf, wenn der Käufer der englischen Wohnimmobilie bereits eine (oder mehrere) solcher Wohnimmobilien besitzt. Auch wenn diese außerhalb UK liegen, etwa eine vermietete Wohnung oder das von den Eltern zu lebzeiten unter Nießbrauchsvorbehalt übertragene Wohnhaus.
Bei einem Hauspreis von 800.000 Pfund zahlt der Käufer, wenn er Zweiteigentümer ist, also nicht nur die "normale" UK-Grunderwerbsteuer von (bei diesem Kaufpreis) 30.000 Pfund, sondern noch einmal 5% oben drauf, also zusätzliche 40.000 Pfund, insgesamt also 70.000 Pfund!
Die Berechnung der englischen Grunderwerbsteuer ist viel komplizierter als in Deutschland. In Deutschland gilt ein fester Steuersatz (zwischen 3,5 und 6,5 Prozent), den das jeweilige Bundesland festlegt (Tabelle der Steuersätze pro Bundesland hier). In England wird die Grunderwerbsteuer gestaffelt nach Wert der Immobilie berechnet und es wird unterschieden, ob jemand "first time buyer" ist (der bekommt einen Rabatt) oder nicht. Und eben: ob jemand bereits eine Wohnimmobilie besitzt (auch wenn diese vermietet ist).
Der erhöhte Steuersatz für Zweitimmobilienerwerber greift allerdings nicht, wenn der Erwerber die neue Wohnimmobilie anstatt seiner bisherigen Wohnimmobilie kauft, in der er (ggf. mit seiner Familie) lebt, sich also vergrößert oder verkleinert (to move up or down the property ladder). Weist der Käufer dem britischen Finanzamt nach, dass er seine bisher genutzte Wohnimmobilie in eingem Zusammenhang mit dem Neuerwerb veräußert, gilt der Käufer nicht als Mehrfacheigentümer. Die hohe Stamp Duty Land Tax erfasst also "nur" Fälle, in denen jemand eine weitere Wohnimmobilie zusätzlich kauft. Der "Strafsteuersatz" gilt aber sehr wohl, wenn eine (oder sogar beide) Wohnungen vermietet sind.
Vorsicht bei vorweggenommener Erbfolge in Deutschland
Wer also in England lebt und plant, dort eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen, der hat einen erheblichen Nachteil bei der englischen Grunderwerbsteuer, wenn er im deutschen Grundbuch bereits als (Mit-)Eigentümer einer deutschen Immobilie eingetragen ist, entweder weil ihm seine Eltern bereits Grundvermögen zu Lebzeiten überschrieben haben oder weil er bereits eine deutsche Immobilie geerbt hat.
Familien mit Vermögen in Deutschland, deren Kinder planen, beruflich oder wegen eines Partners nach Großbritannien zu ziehen und dort eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen, sollten den Aspekt der UK Grunderwerbsteuer daher in ihre generationenübergreifende Steuerplanung mit einbeziehen und mit der Übertragung deutschen Immobilienvermögens eventuell warten, bis das Kind in England sein Wohneigentum erworben hat. Zu langes Warten birgt dann natürlich wieder andere steuerliche Risiken. Eine optimale Gestaltung, die die Vor- und Nachteile in beiden Ländern austariert, ist anspruchsvoll. Und vor allem braucht sie Vorlaufzeit. Wenn man bereits einen Verkäufer gefunden hat, der möglichst bald abschließen und übertragen will, ist es in aller Regel zu spät. Man muss dann entweder das gefundene Kaufobjekt in UK sausen lassen oder man beißt in den sauren Apfel und zahlt die erhöhte Stamp Duty Land Tax.
Deutsche Immobilie hektisch "abstoßen" oder auf andere Familienangehörige übertragen?
Auf dieses Problem der zusätzlichen Grunderwerbsteuer werden Immobilienkäufer oft erst dann aufmerksam, wenn sie einen Kauf bereits konkret planen und die Finanzierung durchrechnen. In dieser Situation wollen die Käufer die erste Immobilie dann oft "loswerden". Also entweder verkaufen oder auf jemand anderen aus der Familie übertragen. Für die englische Grunderwerbsteuer kommt es nämlich auf den Zeitpunkt der "completion" an, also den Tag, an dem der Kaufpreis gezahlt und der Besitz an der Immobilie übergeben wird (Schlüsselübergabe). Hat der Käufer an diesem Tag keine weitere Wohnimmobilie, greift die zusätzliche Steuer nicht. Um die "Extra-Grunderwerbsteuer" zu vermeiden, muss der Käufer also rechtzeitig damit beginnen, die deutsche Immobilie zu veräußern. Das dauert in der Regel Monate, denn es kommt nach deutschem Recht auf den Grundbucheintrag an. Selbst wenn der Eigentümer seine deutsche Wohnung heute per Notarvertrag an ein Kind überträgt, kann es etliche Wochen dauern, bis er als Eigentümer aus dem deutschen Grundbuch ausgetragen wird.
Sonderlich logisch ist das alles nicht, denn wenn der Käufer ein riesiges Aktiendepot oder hohe Geldersparnisse hat, dann wird er nicht durch diese zusätzliche, höhere Stamp Duty Land Tax bestraft, hat er aber von seiner Oma eine kleine Eigentumswohnung in Deutschland geerbt, dann schon.
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