08.04.2025 |

Nie eine UK-Immobilie als "shared ownership home" kaufen

Eigentumsanteil an Wohnung England London shared ownership

Teileigentum an einer Wohnung in England ist ein katastrophales Investment

Das Immobilienrecht in England ist kompliziert genug: Nicht nur muss man "freehold" von "leasehold" Eigentum unterscheiden sondern auch "joint tenancy" von "tenancy in common". Diese Themen habe ich bereits in diesen Beiträgen erklärt:

Zudem findet man auf dem Immobilienmarkt in Großbritannien auch noch das Angebot, Wohnungen oder sogar Wohnhäuser in Form von "shared ownership" zu erwerben. Die Immobilie also nicht zu 100% zu kaufen, sondern nur einen Anteil davon, also zum Beispiel 10, 30 oder 50 Prozent. Die Grundzüge des rechtlichen Konstrukts eines "shared ownership home" werden hier auf der offiziellen Website GOV.uk erklärt: https://www.gov.uk/shared-ownership-scheme

Beworben wird das von den kommerziellen Anbietern mit den Argumenten, es sei ein guter Einstieg ins Immobilieneigentum, wenn man noch nicht genug Ersparnisse hat, sich eine ganze Eigentumswohnung zu kaufen. So wirbt etwa die englische Immobilienfirma a2Dominion mit dem Text:

"... you can’t afford to buy a home in London or Southern England? You could buy a share in a home to get your foot on the property ladder.With a shared ownership property, you buy a share of your home and you rent a share from us. As long as you own your share, we’ll keep renting you ours. And when you’re ready to buy a bigger share, you can..."

Klingt doch prima! Man kauft schon mal einen Teil einer Immobilie, bewohnt diese selbst und stockt den Eigentumsanteil dann alle paar Jahre auf, wenn man wieder einen Batzen Geld angespart hat. Die Briten haben dafür natürlich auch einen gut klingenden Begriff, nämlich "staircasing", also: "die Treppe hinaufsteigen"

Super Deal, oder? Nach 25 Jahren Anwaltserfahrung im deutsch-englischen Recht ist mein Fazit zu diesem Thema: Nein, ist es nicht.

Finger weg von "shared ownership" Immobilien in England!

Aus meiner Sicht ist dieses Geschäftsmodell vor allem für den Verkäufer des Immobilienanteils (property share), also den Haupteigentümer (landlord) sowie für die mit dem Landlord meist zusammenarbeitende Immobilienverwaltung (property management) ein super Geschäft. Was die meisten Käufer solcher Immobilienanteile nämlich nicht berücksichtigen, sind die erheblichen Nebenkosten und - das betrifft vor allem internationale Familien - die Nachteile, wenn der Eigentümer des Immobilienanteils verstirbt.

Versteckte Kosten und immense Nachteile im Erbfall

1. Miete:

Zunächst einmal muss man sich klar machen, dass man als Eigentümer eines "property share" immer noch jeden Monat Miete (rent) an den Eigentümer des anderen Eigentumsanteils zahlt, zusätzlich zu den vollen Nebenkosten und zusätzlich zu Hypothekenzinsen und Darlehenstilgung, wenn man einnen Kredit aufgenommen hat, um den Immobilienanteil zu erwerben. Diese Miete ist zwar (angeblich) geringer im Vergleich, aber in vielen Fällen, die ich bearbeitet habe, kann man darüber streiten, ob der Mietnachlass wegen des Eigentumsanteils wirklich adäquat ist.

2. Servicepauschale und ground rent

Zweitens enthalten "shared property agreements" so gut wie immer eine Klausel, dass der Immobilienanteil von einem Dienstleister verwaltet wird, der dafür eine monatliche Servicepauschale berechnet.

Dies zusätzlich zur ohnehin anfallenden ground rent. Denn shared property können Sie immer nur als leasehold (Erbpacht) erwerben, nicht als freehold (Volleigentum). Und ein leaseholder muss an den freeholder eine ground rent (Erbpacht) zahlen, selbst bei 100% leasehold ownership.

3. Kosten bei Aufstockung des Eigentumsanteils

Jedes mal, wenn der Teileigentümer seinen Anteil aufstocken will, muss die Wohnung oder das Haus von einem Immobiliensachverständigen bewertet werden (mehr zu RICS Gutachtern hier). Das kostet rund 600 bis 1.000 Pfund, die laut Verträgen und AGBs fast immer allein der Teileigentümer trägt. Auf Basis dieses Gutachtens wird dann der Preis für den weiteren Miteigentumsanteil festgelegt. Hierüber muss dann ein Immobilienkaufvertrag geschlossen werden, wofür zwei englische Anwälte nötig sind (property solicitors). Sie ahnen es, wer diese Anwaltskosten zahlen muss- und zwar nach den Verträgeh, die ich gesehen habe, meist die Anwaltskosten für beide Seiten. Der Verkäufer wälzt also seine Kosten ab. Ein Käufer, der seine Eigentumswohnung auf der "shared property ladder" also auf mehrere Tranchen erwirbt, hat dann eben auch drei bis fünf Mal Gutachter und Anwaltskosten sowie Grundbucheintragsgebühren.

4. Schlechte Rechtsposition und hohe Kosten bei Verkauf

Noch ungünstiger ist die Situation, wenn der Eigentümer des Eigentumsanteils seinen property share von sagen wir 30% - verkaufen will. Die Verträge mit der Immobilienfirma / dem Haupteigentümer enthalten nämlich meistens Klauseln, nach denen der Haupteigentümer das Wahrecht hat, ob er den Anteil selbst zurück erwerben will oder ob er die "Erlaubnis" erteilt, dass die Immobilie auf dem freien Markt verkauft werden darf. Zweitens enthalten die Verträge Klauseln, nach denen der Haupteigentümer meist den Makler bestimmen darf.

Ist dann auch noch die leasehold Restlaufzeit unter 100 Jahre gefallen, muss der Teileigentümer zunächst diese Laufzeit verlängern. Dazu ist er berechtigt, aber- Sie ahnen es - das kostet eine Verlängerungsgebühr und Anwaltskosten.

Zwischenfazit: Von den blumigen Marketingslogans, man fühle sich bereits wie ein Immobilieneigentümer, bleibt bei nüchterner juristischer und wirtschaftlicher Betrachtung nichts übrig. Die Kosten sind in aller Regel höher als bei entweder reiner Miete oder bei andererseits Kompletterwerb einer Immobilie. Durch das Vertragswerk zwischen Immobilienfirma und Teileigentumskäufer findet sich letzterer in einem engen Korsett und muss ständig um Erlaubnis fragen bzw. mit Dienstleistern arbeiten, die der Haupteigentümer ausgewählt hat.

Totales Debakel im Erbfall

Besonders teuer und finanziell absurd wird es, wenn der Eigentümer des "property share" verstirbt. Es dauert dann nämlich etliche Monate, bis der englische Erbschein erteilt wird. In internationalen Erbfällen, wenn die Erben des in UK verstorbenen Eigentümers also in Deutschland wohnen, kann es bis zu einem Jahr dauern, insbesondere wenn der Verstorbene kein Testament erstellt hat. Während all dieser Zeit fällt jeden Monat die Miete sowie die Servicepauschale an, bei einer Wohnung in London können das im Monat mehrere tausend Pfund sein. Während all dieser Monate nimmt die Immobilienfirma keine Weisungen oder Erklärungen der Erben entgegen, weil ja noch kein englisches Nachlasszeugnis existiert.

In einem aktuellen Fall hat es trotz intensivster Arbeit gute acht Monate gedauert, bis der englische Erbschein erteilt wurde. In dieser Zeit liefen 18.000 Pfund an Miete und Servicepauschale auf (für ein leeres Apartment). Dann dauerte es weitere sechs Monate, bis der RICS-Sachverständige sein Gutachten erstellt hat, alle Zustimmungen der Immobilienfirma vorlagen und die Wohnung verkauft werden konnte.

Vom Kauf eines solchen Teileigentums von einem "shared property service provider" in England kann ich daher nur dringend abraten. Besser entweder mieten oder - notfalls zusammen mit Familienangehörigen oder Freunden (wobei auch das Risiken birgt) - eine ganze Immobilie kaufen.

Weitere Informationen zum Immobilienrecht und Wohnungskauf in England

Beitragsfoto: 46598 Freepik.com

Kategorie: ErbrechtImmobilienrechtNachlassplanung

Autor
Bernhard Schmeilzl

Bernhard Schmeilzl

Rechtsanwalt & Master of Laws

+49 (0) 941 463 7070 schmeilzl@grafpartner.com

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