19.03.2025 |

Endet Mietvertrag in England automatisch bei Tod des Mieters?

Mietvertrag Mietverhältnis England Tod des Mieters

Nach englischem Recht endet das Mietverhältnis nicht automatisch wenn der Mieter verstirbt

Wohnte der Verstorbene in England zur Miete und lebte er in dieser Mietwohnung alleine, könnte man auf den Gedanken kommen, dass das Mietverhältnis automatisch mit dem Tod des einzigen Mieters endet, der Vertrag also ausläuft und der Eigentümer (Vermieter) die Wohnung wieder zurück erhält.

Das ist aber weder nach deutschem Mietrecht, noch nach dem Mietrecht von England und Wales der Fall. Im Gegenteil laufen die Mietverträge einfach weiter, bis jemand den Wohnungsmietvertrag wirksam (!) kündigt, also zum Beispiel unter Einhaltung der Schriftform (Brief mit echter Unterschrift, nicht per E-Mail oder Fax).

In Deutschland haben bei einem solchen Todesfall sowohl die Erben, als auch der Vermieter nach § 580 BGB ein Sonderkündigungsrecht:

"Stirbt der Mieter, so ist sowohl der Erbe als auch der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis innerhalb eines Monats, nachdem sie vom Tod des Mieters Kenntnis erlangt haben, außerordentlich mit der gesetzlichen Frist zu kündigen."

Die gesetzliche Kündigungsfrist ist in der Regel drei Monate. Das bedeutet, dass die Erben - selbst wenn sie sofort kündigen und die Wohnung räumen - die Miete noch mindestens drei Monate lang zahlen müssen. Es sei denn, der Vermieter ist aus Kulanz bereit, die Wohnung früher zurück zu nehmen und neu zu vermieten.

In grenzüberschreitenden, internationalen Erbfällen kommen oft weitere Komplikationen hinzu. Die in England lebenden Verwandten (und Erben) des in Deutschland verstorbenen Mieters kennen all diese gesetzlichen Regeln nicht. Sie verstehen kein Deutsch und können somit oft nicht sinnvoll mit dem Vermieter korrespondieren. Zudem wissen die englischen Verwandten oft erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 580 BGB, dass sie in Deutschand geerbt haben.

Rechtsfolgen des Todes eines Mieters in England

Wie geht das englische Mietrecht mit diesen Fällen um? Auch in England gilt das Grundprinzip, dass der Tod des Wohnungsmieters (tenant) das Mietverhältnis (lease oder tenancy) nicht automatisch beendet. Gibt es mehrere Mieter (joint tenants), wird das Mietverhältnis mit dem überlebenden Mieter fortgeführt. Auch der überlebende Ehegatte (surviving spouse) hat in der Regel das Recht, das Mietverhältnis fortzusetzen, auch wenn er oder sie nicht als Partei im Mietvertrag genannt ist.

War der Verstorbene der einzige Mieter, muss jemand den Vertrag kündigen. Dieser jemand ist nach dem Erbrecht von England der sogenannte "personal representative", also der Nachlassabwickler. Ist ein solcher im Testament bestimmt, heißt er oder sie "executor" und beantragt als Nachlasszeugis einen "grant of probate". Existiert kein Testamnt oder gibt es zwar ein Testament, das aber keinen Executor bestimmt (etwa weil des nach deutschen Regeln erstellt wurde), dann heißt der vom Gericht zu bestätigende Nachlassabwickler "administrator" und muss sogenannte "letters of administration" beantragen. Ja, es heißt "letters", nicht "letter".

In beiden Fällen ist das Problem, dass es vier bis sechs Monate dauert, bis das englische Nachlassgericht einen solchen "grant" erteilt. In internationalen Erbfällen oft auch noch erheblich länger. Erst nach Erteilung dieses englischen "Erbscheins" ist der Nachlassverwalter handlungsfähig und kann den Mietvertrag kündigen. Die Kündigungsfrist hängt wiederum von der Art des Mietvertrags in England ab, ob es sich also um eine "assured shorthold tenancy", eine "fixed term tenancy" oder eine andere Vertragsart handelt (Details hier und in der Liste der Artikel unten).

Wenn und solange kein "personal representative" handeln kann, bestellt das Gericht einen sogenannten "public trustee" (Details hier), grob vergleichbar mit einem deutschen Nachlasspfleger (§ 1960 BGB)

Jedenfalls ist die während all dieser Zeit bis zur wirksamen Kündigung des Mietverhältnisses laufende Miete eine Nachlassverbindlichkeit (debt of the estate), muss also aus der Erbmasse bezahlt werden. Wenigstens müssen sich die deutschen Erben keine Sorgen machen, mit ihrem eigenen Vermögen zu haften, weil nach englischem Erbrecht die Haftung für Nachlassschulden immer automatisch auf den Nachlass (die Erbmasse) begrenzt ist.

Kann der Vermieter (landlord) beim Tod des Mieters kündigen?

Ja, der Eigentümer (Vermieter) kann den Mietvertrag kündigen, sofern kein Fall vorliegt, in denen jemand anderer in das Mietverhältnis eintreten darf. Es hat aber auch das praktische Problem, dass ihm der Ansprechpartner und Adressat einer solchen Kündigung fehlt, solange kein Executor oder Administrator vom englischen Nachassgericht bestellt wurde.

Das englische Recht mutet es dem Vermieter aber nicht zu, viele Monate abwarten zu müssen, bis die Erbfolge geklärt ist und die (deutschen) Erben in England einen Erbscheinsantrag stellen. Es existiert daher für den Vermieter die Möglichkeit, die Kündigung (written notice) abstrakt an "den personal representative des Verstorbenen" zu senden, an die letzte Wohnadresse des Verstorbenen, also in aller Regel die Mietwohnung, um die es geht.

Diese Kündigung kann der Vermieter dann per Formular NL1 beim englischen Nachlasspfleger (public trustee) offiziell registrieren, wofür eine spezielle Online-Plattform zur Verfügung steht: Register a notice with the Public Trustee

Der public trustee entscheidet dann, ob er der Beendigung des Mietvertrags zustimmt oder nicht.

Praxistip für deutsche Erben: Das Mietverhältnis des in England verstorbenen Verwandten mit dem Eigentümer (Vermieter) kann am schnellsten beendet werden, wenn man sich - lange bevor der englische Erbschein erteilt wird - mit dem Eigentümer darauf verständigt, dass dieser das Mietverhältnis durch Kündigung gegenüber dem Nachlasspfleger beendet.

Das kann viele Monate Miete sparen. Aber der Eigentümer muss natürlich dazu bereit sein, das heißt man muss diesem zusichern, dass man die Mietwohnung räumt und ggf. auch streicht bzw. renoviert.

Mehr zu Immobilien und Mietrecht in England:

Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl ist seit 25 Jahren auf deutsch-englische Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf internationale Erbfälle und Zivilprozesse. Zum Thema Abwicklung von Erbfällen in England siehe auch die Website "Erbschaft in England" mit einer detaillierten Checkliste zum Nachlassverfahren und zur Erbschaftsteuer in England.

Beitragsfoto: Freepik Nr. 2149360593

Kategorie: ErbrechtImmobilienrechtNachlassplanungMietrecht

Autor
Bernhard Schmeilzl

Bernhard Schmeilzl

Rechtsanwalt & Master of Laws

+49 (0) 941 463 7070 schmeilzl@grafpartner.com

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