23.03.2025 |

Der Begriff "chattels" im englischen Recht

Was bedeutet "chattels" in englischen Verträgen und Testamenten?

Alltagssprachlich versteht man im Englischen unter "chattels" die "persönlichen Gegenstände" eines Menschen, dessen "bewegliches Hab und Gut", also die "personal belongings". Als Fachbegriff mit einer ganz bestimmten juristischen Bedeutung taucht "chattels" in England in zwei Rechtsgebieten auf:

  • in englischen Immobilienkaufverträgen sowie
  • in englischen Testamenten.

Ursprung ist wohl das lateinische "capitale", das Vermögen allgemein bedeutete. Im Mittelenglischen nahm der Begriff chattel dann die Bedeutung bewegliches Vermögen an. Das verwandte "cattle" bezog sich zunächst auf alle Nutztiere (livestock), später nur mehr auf Rinder.

Der Begriff "chattels" beim Verkauf einer Immobilie in England

Als Fachbegriff findet man "chattels" in den meisten englischen Immobilienkaufverträgen (Agreement of Purchase and Sale), um klar zu definieren, ob und welche beweglichen Gegenstände (Inventar), die sich im Haus oder auf dem Grundstück befinden, mitverkauft werden und welche nicht.

Der Gegenbegriff zu "chattels" sind "fixtures". Während erstere im Zweifel nicht mit verkauft sind (es sei denn sie werden im Kaufvertrag explizit als Kaufgegenstand genannt), gehören die "fixtures" als feste Einbauten zum Grundstück und dürfen vom Verkäufer in der Regel nicht entfernt werden.

Bei der Unterscheidung von "fittings" und "fixtures" gibt es immer wieder Grenzfälle, die Streit unter den Vertragsparteien auslösen können. Daher raten die bei einem Hauskauf beteiligten englischen Anwälte (conveyancing solicitors) zu einer detaillierten Auflistung und präzisen Beschreibung der Gegenstände und was damit passieren soll. Käufer und Verkäufer müssen hierzu umfangreiche Checklisten ausfüllen. Die englische Law Society bietet für den Immobilienkauf in England auch Vertrags- und Formularvorlagen an (https://www.lawsociety.org.uk/topics/property/), wobei für den Verkauf einer Immobilie in UK stets zwingend zwei Solicitors nötig sind.

Beispiele für typische fixtures sind: Toiletten, Waschbecken und gemauerte Badewannen. Typische chattels sind dagegen Bilder und TV-Monitore an der Wand, Teppiche, ein freistehender Grill im Garten. Typische Streitfälle sind Möbel, die nicht völlig frei stehen, sondern fest verbaut sind, etwa ein unter einer Treppe fest eingebauter Schrank, ein Gartenhaus oder ein gemauerter Grill. Ebenso umstritten ist oft die Einordnung von Küchen, je nachdem, wie "fest" diese eingebaut sind (fully integrated or free standing). Hier sollte man daher nichts dem Zufall überlassen und alles im Kaufvertrag auflisten.

Die Unterscheidung ist auch für die englische Grunderwerbsteuer (Stamp Duty Land Tax) wichtig, da auf echte chattels keine Grunderwerbsteuer gezahlt werden muss. Es besteht daher ein Anreiz, einen Teil des Kaufpreises diesen chattels (in Schottland "moveables") zuzuordnen (apportionement). Dabei darf man es nicht übertreiben, weil man sonst das britische Finanzamt verärgert, das sich den Fall dann ganz genau ansieht.

Die interne Richtlinie SDLTM04010 des englischen Finanzamts gibt Handlungsanweisungen für Finanzbeamte, anhand welcher Kriterien diese chattels und fixtures unterscheiden sollen.

Der Begriff "chattels" im englischen Erbrecht und bei der Testamentsgestaltung in England

Auch im Erbrecht von England und Wales spielt der Begriff "chattels" eine wichtige Rolle. Verstirbt jemand, der verheiratet war und Kinder hatte, ordnet das englische Erbrecht an, dass der überlebende Ehegatte neben seinem Erbteil als Vorausvermächtnis einen Geldbetrag (derzeit 322.000 Pfund) sowie zusätzlich auch die chattels des Verstorbenen erhält. Erst was nach dem Vorausvermächtnis und den chattels verbleibt, wird zwischen überlebendem Ehepartner und den Kindern hälftig aufgeteilt, wobei das Wohnhaus wegen der joint tenancy meist auch dem Ehegatten allein zufällt.

Wer nun denkt: Na ja, die alte Armbanduhr und die Modeleisenbahn des Verstorbenen fällt ja bei der Verteilung des Erbmasse nicht so ins Gewicht, der täuscht sich.

Die moderne Definition von chattels im englischen Erbrecht findet sich in Section 3 des Inheritance and Trustees Powers Act 2014:

“Personal chattels” means tangible movable property, other than any such property which—consists of money or securities for money, or was used at the death of the intestate solely or mainly for business purposes, or was held at the death of the intestate solely as an investment."

Chattels sind damit alle Vermögensgegenstände des Verstorbenen, außer:

  • Immobilien und Grundstücke
  • Geldanlagen, Aktien, sonstige Investments
  • Unternehmensvermögen, Betriebskapital

Dieser Inheritance and Trustees Powers Act 2014 ersetzte mit Wirkung zum 1.10.2014 die frühere gesetzliche Definition von chattels in Section 55(1)(x) des Administration of Estates Act 1925. Der alte, detailverliebte Wortlaut der Definition war wie folgt:

"carriages, horses, stable furniture and effects, motor cars and accessories, garden effects, domestic animals, plate, plated articles, linen, china, glass, books, pictures, prints, furniture, jewellery, articles of house or personal use or ornament, musical or scientific instruments and apparatus, wines, liquors and consumable stores, but do not include any chattels used at the death of the intestate person for business purposes, nor money or securities for money."

Der Begriff "chattels" im Erbrecht umfasst mehr als man denkt

Es fällt nach der aktuellen gesetzlichen Definition von 2014 also - neben der Armbanduhr, Modelleisenbahn und kleinen Münzsammlung - vieles weitere Nachlassvermögen in die Kategorie chattels, über das sich zu streiten durchaus lohnt. Zum Beispiel Autos, Sportwägen, Motorräder, ein Boot oder sogar eine Yacht des Verstorbenen.

Aber nicht nur in Fällen gesetzlicher Erbfolge, wenn also kein Testament existiert, ist diese Definition relevant. Auch wenn der Verstorbene ein Testament hinterlässt und darin den Begriff chattels verwendet, ohne aber die einzelnen Gegenstände genauer zu bezeichnen, wird in Grenzfällen auf die gesetzliche Definition abgestellt. Natürlich nur, wenn der Wille des Testamentserstellers anders nicht zu ermitteln ist. Verwendet er also in Ziffer 2 des Testaments den Begriff chattels zugunsten seiner Frau, weist aber in Ziffer 5 seinen Oldtimer-Wagen dem Neffen zu, ist dadurch der Oldtimer aus den chattels ausgegliedert.

Besonders kompliziert sind Fälle, in denen jemand ein "deutsches Testament" erstellt, worin meist keine chattels erwähnt werden, er dann aber mit gewöhnlichem Aufenthalt in England verstirbt, so dass englisches Erbrecht anwendbar ist. Hat der überlebende Partner dann auch einen Anspruch auf die chattels, auch wenn sich dazu im Testament kein Anhaltspunkt findet? Hier ist die Auslegung schwierig und es kann zu einem teuren Erbstreit führen.

Erbschaftsteuer gilt auch für chattels

Bei der englischen Erbschaftsteuer (inheritance tax) gibt es für chattels keine spezifische Ausnahme. Schreibt also jemand in seinem Testament "Chattels gegen an meine Tochter", sind die chattels ebenso zu versteuern wie anderes Vermögen. Da diese aber meist an den länger lebenden Ehepartner gehen, stellt sich dieses Steuerproblem in der Praxis nicht, da für den Ehegatten ja die "unlimited spouse exemption" greift.

Mehr zu Immobilienkauf und Grunderwerbsteuer in England:

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Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl ist seit 2001 auf deutsch-britisches Recht spezialisiert, insbesondere auf deutsch-englische Erbfälle und Zivilprozesse. Zum Thema Abwicklung von Erbfällen in England siehe auch die Website "Erbschaft in England" mit einer detaillierten Checkliste zum Nachlassverfahren und zur Erbschaftsteuer in England.

Beitragsfoto Freepik.com Nr. 2150348543

Kategorie: ErbrechtProzessrechtImmobilienrechtFamily OfficeNachlassplanung

Autor
Bernhard Schmeilzl

Bernhard Schmeilzl

Rechtsanwalt & Master of Laws

+49 (0) 941 463 7070 schmeilzl@grafpartner.com

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